Als markantes Beispiel thüringischer Schlossbauten des Barock gehört die ab 1682 entstandene Dreiflügelanlage des Schlosses Elisabethenburg zu den städtebaulichen Wahrzeichen Meiningens. Das herzogliche Residenzschloss in Meiningen war zentrale Wohn- und Repräsentationsstätte der herzoglichen Familie von Sachsen-Meiningen und geistiger Mittelpunkt eines bedeutenden Musenhofes zwischen Weimar und Bayreuth.
Berühmtheit – auch über Deutschlands Grenzen hinaus – erlangte Meiningen Ende des 19. Jahrhunderts, als der kunstsinnige Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen (1826-1914) mit Hoftheater und Hofkapelle europaweit Aufsehen erregte und weitgreifende kulturelle Reformen auslöste. Wo immer des Herzogs Hofschauspieler in Europa auf die Bühne traten, waren Publikum und Kritiker gleichermaßen überrascht von der historischen Genauigkeit und illusionistischen Perfektion der Bühnenarrangements. Die detailgetreue Inszenierung der Dramen von Shakespeare, Schiller oder Kleist wurden zum unverkennbaren Markenzeichen, das Meiningen den Ruf einer weltberühmten Theaterstadt und Georg II. den Beinamen „Theaterherzog“ einbrachte. Die Museen zeigen neben herzoglichen Wohnräumen, Festsälen und Sammlungen von Kunst und Kunsthandwerk originale Bühnendekorationen des Meininger Hoftheaters, aus dem 19. Jahrhundert. Mit den musikalischen Traditionen Meiningens verbinden sich so klangvolle Namen wie Johann Ludwig Bach, Hans von Bülow, Richard Wagner, Johannes Brahms, Richard Strauss oder Max Reger. Ihr Leben und Wirken war zeitweilig eng mit Schloss Elisabethenburg und Meiningen verknüpft. Die kostbare Kollektion historischer Musikinstrumente in der ehemaligen herzoglichen Bibliothek und das herzogliche Speisezimmer sind Glanzpunkte in der neuen Präsentation der Sammlung Musikgeschichte und des Max-Reger-Archivs. Memorialräume im Schloss erinnern an Prinzessin Adelheid von Sachsen-Meiningen, die von 1830 bis 1837 an der Seite von William IV. als Königin Großbritannien regierte, sowie an Friedrich Schillers Asylaufenthalt 1782/83 in Meiningen und Bauerbach.
Wer regierte Sachsen-Meiningen? Womit sorgte das kleine Herzogtum Sachsen-Meiningen ab den 1870er Jahren in ganz Europa künstlerisch für Furore? Wovon war der Musiker Max Reger zeitweise abhängig? Wer war Hans von Bülow? Und was heißt eigentlich musikalische Interpretation? Kulturgeschichte zum Anfassen, Anschauen und Hinhören erleben Kinder, Jugendliche und Erwachsene in der Ausstellung „Meiningen – Musenhof zwischen Weimar und Bayreuth“. Beleuchtet werden in der ehemaligen Wohnsuite Herzog Georgs II. und Helene von Heldburgs (1839–1923), wo nach aufwendiger Restaurierung auch wieder fürstliche Repräsentation und Wohnmilieu erlebbar sind, das familiäre Umfeld des Herzoglichen Paares, der Werdegang der Meininger Hofkapelle sowie die Entwicklung vom Musenhof Meiningen zur Musenstadt. Dort, wo Helene von Heldburg Schauspieler unterrichtete, entdeckt man berühmte Meininger Künstler und Intellektuelle. Im Reger-Zimmer darf gehupt werden. Rolf Seelmann-Eggebert führt die Besucher mit seiner Stimme an der Herzoglichen Speisetafel ein. Und die sinnliche Präsentation der historischen Musikinstrumente in der Grünen Bibliothek bleibt dem Besucher ganz sicher im Gedächtnis.
Prinzessin Adelheid von Sachsen-Meiningen gelangte als einzige aus der Familie der hiesigen Herzöge an die Spitze eines europäischen Weltreiches. Die Ausstellung präsentiert Bilder, Zeitzeugnisse und das familiäre Umfeld. 1818 erreichte die 26jährige der Heiratsantrag des britischen Thronfolgers William. Der Hauptsinn dieser Ehe war ausdrücklich das Hervorbringen von erbberechtigten Kindern. Jedoch nach Fehlgeburten und dem frühen Tod zweier Töchter blieb Adelheid kinderlos. 1830 wurde sie an der Seite Williams IV. Königin von Großbritannien. Ihr ganzes Leben lang kümmerte sie sich aber um die Kinder der anderen, um die Witwen und Waisen des Landes, aber auch um ihre Nichten und Neffen. Königin Victoria, ihre Nachfolgerin und Nichte, schrieb, dass sie Tante Adelheid mehr liebte und vertraute als ihrer eigene Mutter. Und bei Tante Adelheid hatte sie auch schon als Kind einen geschmückten Weihnachtsbaum gesehen mit Süßigkeiten und Geschenken, die die Meiningerin für die Kinder bereit hielt. So kann aufgrund dieser Tagebuchnotiz der 12jährigen Victoria davon ausgegangen werden, dass Adelheid die Tradition des Weihnachtsbaumes nach Großbritannien brachte.
Als der junge Friedrich Schiller 1782 das erste Mal in Meiningen auftauchte, war er Asylsuchender: mittellos und von Verfolgung bedroht. Im reichsritterschaftlichen Bauerbach bei Meiningen fand er für acht Monate eine Bleibe. Unproduktive Wartephase oder Kräftesammlung für künftige Projekte? Das Verhältnis von Exil und Asyl, Einsamkeit und Geborgenheit, Passivität und Tätigkeit ist ein wichtiger Aspekt der Ausstellung. Ein weiterer Aspekt: Die Kontakte zu Meiningen lebten auch nach seinem Umzug nach Mannheim weiter. Diese knüpften sich fortan vor allem an Christophine und Wilhelm Reinwald, Schillers Schwester und Schwager. Christophine Reinwald war durch ihr hohes Alter – sie überlebt ihren Bruder um 42 Jahre – schließlich Zeitzeugin der vergangenen klassischen Epoche und Ikone des aufkommenden Schiller-Kultes.
Zwar ist die Meininger Ausstellung aus vorwiegend italienischer, niederländischer und deutscher Malerei des 17. bis 18. Jahrhunderts in seiner Gesamtheit nicht an den prominenten Beispielen fürstlicher Gemäldesammlungen zu messen, sie birgt aber einige eminente Einzelstücke von internationalem Rang. Dahinter stehen Maler wie Ferdinand Bol, Jacob de Backer, Gerard Houckgeest, Giovanni Antonio Pellegrini, Bernardo Strozzi oder Friedrich Bury, die zweifellos zu den ganz Großen ihres Faches gehören. Für die Darstellung höfischen Lebens und der Residenzgeschichte Meiningens sind vor allem eine herzogliche Porträtsammlung sowie Gemälde der Hofmaler Gottlieb Friedrich und Johann Philipp Bach, Carl Wagner und Samuel Diez von unschätzbarem Wert.
Teils aus den herzoglichen Sammlungen, teils aus anderen Erwerbungen, stammen Möbel, Fayencen, Porzellan, Münzen oder Gemmen. Die Tapisserie „Der triumphale Einzug Alexanders in Babylon“ im Viktoriasaal in der Mittleren Galerie gehörte zur Erstausstattung von Schloss Elisabethenburg und zählt zu den textilen Schätzen der Kunstsammlungen der Meininger Museen. Hergestellt wurde sie 1689 in der Brüsseler Manufaktur des Marcus de Vos (1650–1717). Die Schlosskirche und das Treppenhaus mit dem Hessensaal im Obergeschoss werden von barocker Innenarchitektur bestimmt. Andere Räume sind von einem Stilpluralismus von Rokoko bis Klassizismus gekennzeichnet. Meisterhafte Stuckarbeiten zeugen von der hohen Ausstattungskunst beispielsweise des Franken Bernhard Hellmuth ab ca. 1760. Weite Schlossbereiche wurden um 1880 unter Herzog Georg II. umgestaltet, er bevorzugte die Neorenaissance.
Eine Quelle der Meininger Kunstsammlungen erschloss sich durch das Wirken des Hennebergischen altertumsforschenden Vereins, der 1832 von Ludwig Bechstein in Meiningen gegründet wurde und in der frühen Tradition der bürgerlichen Geschichtsvereine steht. Aus der Vereinssammlung, die beinahe 9.000 Objekte umfasste, sind neben spätgotischen Plastiken, Erzeugnissen des Kunsthandwerks und zum Zunftwesen auch Folterinstrumente und viele regionalhistorische Belegstücke in den Museumsbesitz eingegangen. Sie eröffnen zahlreiche Bezüge auf die einstige Grafschaft Henneberg und damit auf eine wichtige territoriale Struktur der Vergangenheit.
Führungen
Geöffnet
Parkplatz
10.00 – 18.00 Uhr
11.00 – 17.00 Uhr
An Feiertagen in Thüringen gelten die Sonntagsöffnungszeiten. Am 24., 25. und 31. Dezember haben die Meininger Museen nicht geöffnet.
Schloss Elisabethenburg und Literaturmuseum
Einzeltageskarte: 6,00 €
ermäßigt: 4,50 €
Familientageskarte (Eltern mit Kindern): 13,00 €
Theatermuseum
Einzeltageskarte: 5,00 €
ermäßigt: 3,50 €
Familientageskarte (Eltern mit Kindern): 11,00 €
Kombikarte
Einzeltageskarte: 9,00 €
ermäßigt: 7,00 €
Familientageskarte (Eltern mit Kindern): keine Kombikarte
Kinder bis 6 Jahre frei
Schloss Elisabethenburg in Meiningen
Meininger Museen in der Kulturstiftung Meiningen-Eisenach Schlossplatz 1 98617 Meiningen Telefon: 03 69 3 / 88 10 10