Die Veste Heldburg wird DENKOrt

„Vor Ort zum DENKOrt – Thüringer Orte der Repression, Opposition und Zivilcourage in der DDR“ ist ein Bildungs- und Forschungsprojekt, welches vom Thüringer Archiv für Zeitgeschichte „Matthias Domaschk“ (ThürAZ) in Kooperation mit der Thüringer Staatskanzlei durchgeführt wird und sich dieser Tradition des zivilgesellschaftlichen Engagements verpflichtet fühlt. In das DENKOrte-Projekt sollen insbesondere diejenigen Orte im ländlichen Raum und kleinstädtischem Bereich Eingang finden, die bisher noch nicht im Gedächtnis der Bevölkerung vor Ort verankert sind und an denen die Geschichte repressiven, widerständigen und zivilcouragierten Handelns während der Zeit der DDR vermittelt werden kann. Neben der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für diese Orte, sollen die DENKOrte langfristig und nachhaltig zu kulturellen Begegnungsorten und/ oder außerschulischen Lernorten entwickelt werden. Das DENKOrte-Projekt sieht zudem die Markierung aller projektrelevanten Orte vor, um die einzelnen Orte und deren Bedeutung ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.

Im Projektzeitraum 2020 bis 2022 ist die Entwicklung von 8 DENKOrten angedacht. Die Burg steht in dem Projekt exemplarisch für den Bereich der DDR-Heimerziehung. Die Erfahrungen, die die Kinder auf der Heldburg gesammelt haben, das wie alle DDR-Kinderheime nicht in den Sozialverwaltungen angesiedelt, sondern dem Ministerium für Volksbildung unterstellt war, klaffen weit auseinander. Kern der Erarbeitung ist die Aufarbeitung der Geschichte der Veste Heldburg als DDR-Kinder-/Sonderschulheim (1954–1982). Mit der Entwicklung der Veste Heldburg zu einem DENKOrt ist das Ziel verbunden, die Kinderheimgeschichte zu enttabuisieren, Verständnis herzustellen und die Nutzung der Veste als Kinder- bzw. Sonderschulheim, in einem sensibel gestalteten Raum zu erzählen.

Im Rahmen des Projekts fand ein Symposium statt, das Corona-bedingt digital abhalten wurde. Ausrichter war das Thüringer Archiv für Zeitgeschichte „Mattias Domaschk“ in Kooperation mit dem Deutschen Burgenmuseum und der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Durch das große Engagement der DENKOrt-Projektgruppe entstand für die Konferenz ein umfangreiches Programm, das mit Impulsreferaten aus den Bereichen Wissenschaft, Ethik, Medizin, Journalismus und Politik das Thema Kinderheime in der DDR und der BRD von allen Seiten beleuchtet. Das Programm beinhaltete folgende Beiträge:

  1. Grußworte
    Adina Rösch, Direktorin / Deutschen Burgenmuseums
  2. Einordnung der Geschichte der Anlage (Veste Heldburg)
    Franz Nagel, Kunsthistoriker / Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten
  3. Verdrängte Geschichte der Heimkinder in der Bundesrepublik
    Peter Wensiersky, Dokumentarfilmer und Fernsehjournalist, ab 1993 im Deutschland-Ressort des SPIEGEL
  4. (Zu)Hören. Das Aufbrechen einer Erzählung.
    Manfred May, Bildender Künstler und Kurator sowie Ansprechpartner im Bürgerkomitee des Landes Thüringen e.V. für den Kreis Betroffener der DDR-Heimerziehung
  5. Die Veste Heldburg im Grenzsperrgebiet der DDR
    Anke Geier, Wissenschaftliche Mitarbeiterin / Landesbeauftragten des Freistaats Thüringen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (ThLA)
  6. Psychische Folgen nach Heimerziehung
    Ruth Ebbinghaus, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Begutachterin von Traumafolgestörungen, begutachtete auch ehemalige Heimkinder der Veste Heldburg
  7. Sexualisierte Gewalt im Kontext von Heimunterbringung in DDR
    Dr. phil. Beate Mitzscherlich, Professorin an der Westsächsischen Hochschule Zwickau für Pädagogische Psychologie und Ethik im Gesundheitswesen, Autorin der Fallstudie „Sexueller Kindesmissbrauch in Institutionen und Familien in der DDR zu den Anhörungen und Dokumenten der Aufarbeitungskommission“
  8. Zum Umgang mit Geschichte am historischen Ort. Sonderausstellung Jugendwerkhof Königstein1949-1955
    Maria Pretzschner, Museumspädagogin Festung Königstein GmbH, Kuratorin der Sonderausstellung „Der Jugendwerkhof auf dem Königstein, 1949-1955“

Alle Beiträge sind über die Homepage des Deutschen Burgenmuseums (www.deutschesburgenmuseum.de) oder den YouTube-Kanal des Museums abrufbar. Im kommenden Jahr erscheint ein Tagungsband.