Schloss Wilhelmsburg: Neue Sonderausstellung „Der Henker des Herzogs“

„Der Henker des Herzogs – das Leben des Johann Jeremias Glaser (1653-1725)“
5. Mai bis 31. Oktober 2022, Mi.-So. 11-17 Uhr
Schmalkalden, Sandgasse, Totenhofkirche

Johann Jeremias Glaser war Scharfrichter in Meiningen und später in Wasungen. Er hinterließ mit seinem Rechnungs- oder Anschreibebuch einen einmaligen kulturhistorischen Schatz. Auf 350 Seiten hielt dieser Mann nahezu alle Ausgaben und Einnahmen seines Erwachsenlebens fest – naturgemäß auch Honorare, die er durch seine scharfrichterliche Tätigkeit erzielte. Das Meiste bildet aber seinen ganz normalen Alltag ab, so dass es erstmals möglich ist, das Leben eines Mannes aus der Frühen Neuzeit von seiner Geburt bis zur Bahre bis in das kleinste Detail zu beleuchten.

Hintergrund:
Im Thüringischen Staatsarchiv Meiningen schlummert ein einmaliger kulturhistorischer Schatz, der durch eine Ausstellung jetzt wachgeküsst wird: ein Rechnungs- oder Anschreibebuch von Johann Jeremias Glaser. Glaser war Scharfrichter in Meiningen und später in Wasungen. Auf 350 Seiten hielt dieser Mann nahezu alle Ausgaben und Einnahmen seines Erwachsenlebens fest. Dort finden sich naturgemäß auch Honorare, die er durch seine scharfrichterliche Tätigkeit erzielte – Glaser führte auch die letzte Lebendverbrennung einer vermeintlichen Hexe auf Thüringer Boden im Jahr 1700 in Breitungen durch –, doch sind diese nur ein kleiner Teil seiner Registrierungen. Das Meiste bildet seinen ganz normalen Alltag ab, so dass es erstmals möglich ist, das Leben eines Mannes aus der Frühen Neuzeit von seiner Geburt bis zur Bahre bis in das kleinste Detail zu beleuchten. In der Ausstellung tritt ein liebevoller Familienvater entgegen, der großen Wert auf die Aus- und Bildung seiner Kinder legt, es erscheint ein juristisch wie betriebswirtschaftlich hoch gebildeter Mann, der stark musisch veranlagt ist, es entsteht das Bild eines sozialen Arbeitgebers und erfolgreichen Heilers, der vermögend und angesehen ist. Von den Gewürzen, mit denen die unzähligen Speisen bei den Tauf- oder Hochzeitsfesten seiner Kinder zubereitet wurden, bis hin zum Mobiliar und Hausstand der jeweiligen Meistereien, kann alles aus der Lebenswelt des einfachen Volkes aus diesem Rechnungsbuch herausgezogen werden. Die Maske – die Scharfrichter allerdings nie getragen haben – hinter dem Mann mit dem „unehrlichen“ Beruf, wird mittels der Ausstellung zurückgezogen.

Die Ausstellung befindet sich in der Totenhofkirche von Schmalkalden, wo auch das originale Grabdenkmal von Glasers Schwiegervater zu besichtigen ist, der Scharfrichter in Schmalkalden war und auf dem Epitaph im Ornat ausgehauen ist. Natürlich wir einleitend auch auf die Entwicklung des „Handwerks“ der Scharfrichter, ihrer Aufgaben und Nebentätigkeiten eingegangen sowie die Meininger und Schmalkalder Scharfrichter des 16. und 17. Jahrhunderts beleuchtet.

Durch die Ausstellung führt ein lebensgroßer visueller Audioguide. Für die Rolle des Erzählers konnte der deutschlandweit bekannte Schauspieler Thomas Thieme gewonnen werden. Originale Richtschwerte aus Meiningen sowie aus Weimar, diverse Folterinstrumente, aber auch Alltagsgegenstände können vom Besucher bestaunt werden.

Kuratiert wurde die Ausstellung vom Direktor des Museums Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden Dr. Kai Lehmann.